Plötzlich war's nicht mehr nur ein Getuschel hinter vorgehaltener Hand. Alle konnten es nun mit eigenen Augen sehen: Das Käthi war schwanger, von wem, wollte sie partout nicht preisgeben. Zuvor konnte man noch spekulieren, ob sie vielleicht zuviel Ribel gegessen hatte, eine Feinfühlige wie sie habe vielleicht einen harten Winter geahnt.
Die Weiber begannen mit Erzählungen über ihre Grossmütter, erinnerten sich an deren Geschichten über den alten Glauben. Vielleicht sei Käthis Schweigen damit erklärbar.
In den Erzählungen ging es um Geisterwesen, Naturgestalten, welche jedoch nur Wenige zu Gesicht bekommen haben sollen. Den Beweis für solche Erscheinungen liefere ja die Bibel mit der Jungfrau Maria und dem Engel. Sogar die Kirche habe immer nur zum Schein gegen den alten Glauben getan.
Vielleicht sei das Käthi ja eine dieser Auserwählten. Die Natur könne nie vollständig erklärt werden, keine Regel ohne Ausnahme.

Gut gebildete Herren begannen bei den Tuscheleien mitzutun, mit einem Feuer, welches Viele erstaunte.
Einer von ihnen wusste zu berichten, dass es früher während der Heidenbekehrung oft zu sogenannten Geisterbäuchen, zu Schwangerschaften unbekannten Ursprungs gekommen sei. Der Missionar durfte es von Funktion wegen nicht gewesen sein, die anderen sind es nicht gewesen. Wie sollte sich das Ganze erklären? Die dunkeln Mächte der Natur mussten erst erforscht werden, man sei heute noch eifrig dran.
Leidenschaftlich habe dann der Missionar begonnen, das aus seinen Missionswanderungen erlangte Missionswissen an die zu Bekehrenden zu bringen. Dieser erzählte, an anderen Orten sei es so gewesen, dass die Leute an Geistwesen aus der Natur glaubten, welche die Jungfrauen glauben liessen, in den Geistern echte Gestalten zu sehen.
Mit ausgesuchten Ritualen sollen die Geister gutgestimmt, im besten Falle gar vertrieben worden sein. Erst wurden die Frauen mit den Geisterbäuchen drei Tage lang ohne Wasser und Nahrung an Bäume gefesselt und dann dem Naturgeist aufgebahrt geopfert. Je nach Region seien die Details etwas verschieden gewesen.

Ob denn der Herr Jesus einen Geisterbauch gehabt habe, fragte ein Kind spontan dazwischen, welches dem Erzählten interessiert gelauscht hatte.
"Weisch", antwortete der Gebildete dem Kind, "i be o nöd däbii gsii. Aber döt womma dänn usigfonda hät, dass' dänn glich da Missionar gsi ischt, hät ma dänn scho gwösst, wia ma so an loswöra tod."
Wieder den Erwachsenen zugewandt erklärte er: "Und dä Bruuch zom a da erinnera git's hüt no, o bi üs im Rhintl. Ma hät däna Missionaräna demit bis hüt z'verstoh ggeh, dass' mit ännig too gad sälb äni Geischter send, womma waass, dass ma's mit ehrlachm Handla tod vertriiba. Wil ma sich dämit nöd vonena ablänka lohd. Probiera tond's säb äba hüt no, und Jeda und Jedi ischna an Dorn im Oog, wo nöd droff inikäid."

"Isch dänn da Herr Jesus uf's inikäit?", wollte das Kind wieder wissen.


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